Institutionelles Repositorium

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Hier finden Sie sämtliche Beiträge der redaktionell vom Leibniz-Instituts für Bildungsmedien betreuten Publikationen im Volltext sowie eine möglichst vollständige Sammlung weiterer (nicht der Bildungsmedienforschung angehörige) Publikationen von Mitarbeiter*innen des Leibniz-Instituts für Bildungsmedien.

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    Unternehmer und Staat in europäischen Schulbüchern. Deutschland, England und Schweden im Vergleich
    (2007-12) Grindel, Susanne; Lässig, Simone
    Deutsche Schulbücher zeichnen ein erstaunlich differenziertes Bild der Wirtschaft und unternehmerischer Tätigkeit. Eine grundsätzlich ablehnende Haltung gegen­über Unternehmertum und Marktwirtschaft kann den Schulbüchern nicht attestiert werden. Allerdings sehen sie unternehmerisches und bloß marktwirtschaftliches Handeln nicht als höchstes Gut an. Sie fordern die Schülerinnen und Schüler zu Eigeninitiative und Engagement in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik auf. Der Einzelne wird nicht primär als künftiger Arbeitnehmer oder Unternehmer gesehen, sondern eher als sozial verantwortliches Individuum, das sich im Sinne der eigenen wie der gemeinschaftlichen Interessen um Wirt­schaft, Mitmenschen und Umwelt kümmern muss. Das hat eine Studie ergeben, die ein Team des Georg-Eckert-Instituts im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft erarbeitet hat. Ziel der Studie war es zu untersuchen, in welchem Umfang und in wel­cher Weise Wirtschaft, Unternehmen und Unternehmer in Schulbüchern behandelt werden und welche Werte dabei vermittelt werden. Besonderes Interesse galt auch der Frage, ob Schülerin­nen und Schüler zu unternehmerischem Verhalten angeleitet werden. Und schließ­lich war zu klären, welche Rolle die Schulbücher dem Staat zuweisen: Soll er sich aus der Wirtschaft heraushalten oder soll er die Wirtschaft steuern? Ist der Ein­zelne letztlich für seine soziale Sicherheit selbst verantwortlich, oder muss der Staat durch Ein­griffe in die Wirtschaft die Wohlfahrt seiner Bürger garantieren? Die Studie hat fast 150 deutsche, englische und schwedische Schulbücher aus den Jahren 1997 bis 2007 untersucht. Einbezogen wurden Geschichts-, Geographie- und Gemeinschaftskunde­bücher. Damit handelt es sich um die bislang umfangreichste verglei­chende Studie über das Bild der Wirtschaft in europäischen Schulbüchern. Die Ergebnisse können als repräsentativ angesehen werden. Und sie stellen geläufige Vermutungen auf den Kopf. Wirtschaft und Unternehmen finden in den Schulbüchern aller drei Länder breite Berück­sichtigung. Fragen der Wirtschaftsordnung, der Unternehmensstrukturen und der Wirt­schaftspolitik werden intensiv erörtert. Die Vorannahme, Marktwirtschaft und Unternehmer­tum würden dabei generell negativ dargestellt, hat sich nicht bestätigt. Deutsche, englische und schwedische Schulbücher bekennen sich zu einer marktwirtschaftli­chen Ordnung. Sie verlangen allerdings die Unterordnung der Wirtschaft unter die Interessen von Staat und Gesellschaft. Zugleich bemühen sich die Schulbücher in allen drei Ländern darum, die Schüler zu eigenverantwortlichem Handeln anzuregen. Dabei setzen sie unterschiedli­che Akzente: In deutschen Schulbüchern wird die Rolle des Staats in der Wirtschaft besonders hervorgeho­ben. Die Gesellschaft wird als Zusammenwirken der Einzelnen im Staat gesehen. Die Schüler sollen befähigt werden, die eigene Interessenlage zu analysieren, ohne dabei andere Stand­punkte zu vernachlässigen, eigenverantwortlich zu handeln und sich für Gesellschaft und Um­welt einzusetzen. In englischen Schulbüchern wird die Rolle des Einzelnen in der Gesellschaft stärker betont und der Staat als Instrument zur Durchsetzung wirtschaftlicher und sozialer Ziele verstanden. Die Schüler sollen lernen, sich aktiv und selbstverantwortlich an der politischen Willensbil­dung wie am wirtschaftlichen Prozess zu beteiligen. In schwedischen Schulbüchern wird der Staat als Verkörperung des Gemeinwohlideals gedeu­tet, Arbeitnehmer und Unternehmer wirken in ihrer jeweiligen Rolle daran mit. Individuelle Selbstbestimmung und staatliche Intervention erscheinen nicht als Gegensätze, sondern als sich ergänzende Voraussetzungen des Gemeinwohls. Die Schüler sollen befähigt werden, flexi­bel auf Veränderungen zu reagieren, eigenen wirtschaftlichen Interessen zu folgen und dabei ihren Beitrag zum Wohlstand der Gesellschaft zu leisten. Bemerkenswert ist, dass sich in diesen Unterschieden nationale Traditionen niederschlagen. Das über Generationen in den einzelnen Nationen herausgebildete Verständnis von Staat und Gesellschaft ist für die Darstellung der Wirtschaft in Schulbüchern offenbar wichtiger als die ideologische Einstellung zu Marktwirtschaft und Unternehmern. Nationale Wertesysteme spielen also auch im Zeitalter von europäischer Einigung und wirtschaftlicher Globalisierung eine wichtige Rolle. Künftige europäische Schulbücher müssen diese Unterschiede berücksichti­gen, wenn sie die Schülerinnen und Schüler in den verschiedenen europäischen Staaten wirklich erreichen wollen. Die Studie „Unternehmer und Staat in europäischen Schulbüchern. Deutschland, England und Schweden im Vergleich“ wurde im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft erstellt. Sie wurde am 24. Juni 2008 in einer Pressekonferenz in Berlin offiziell vorgestellt.